Gedichte waren nie so meins. Wer denkt sich sowas aus? Das ist doch alles Humbug, unverständlich, unlogisch. Überhaupt Kunst. Wozu soll das denn gut sein?
Irgendwann musste ich feststellen, dass ich nicht nur logisch bin, sondern auch sehr sehr neugierig. Und experimentierfreudig. Und spätestens, als ein erstes Gedicht entstanden war, war es dann mit der Logik vorbei. Das war peinlich! Also behielt ich es lieber für mich.
Aber die Neugier! Ich wüsste doch zu gern, wie es so wirkt und was so passiert, wenn eine kleine Dichtung auf die Menschheit losgelassen wird...
So schrieb ich Anfang 2020, als ich meine ersten Gedichte öffentlich machte. Inzwischen sind einige mehr dazu gekommen und auch kleinere Geschichten.
Wenn ich schreibe, dann fließen meine Gedanken ungehemmt. Dann finden sie einen eigenen Weg und entkommen meinem Verstand. Sie tanzen auf das Blatt Papier vor mir. Ich muss sie nicht mehr festhalten, sie hinterlassen ihre Spur durch meine Hand. Aus dem Potenzial in mir wird kreative Handlung und dann kann ich es ganz neu lesen. Indem ich es lese, höre ich mir zu.
Was empfindet ihr beim Schreiben und Erzählen, beim Lesen und Hören von Geschichten?
Der Drache
Der Drache wacht über die brennende Stadt.
Die ganze Nacht hat er nachgedacht.
Die Menschen fliehen, lassen alles zurück.
Der Drache weint über verlorenes Glück.
Bomben fallen, alles wird zerstört.
Die Bitten um Hilfe wurden zu lange nicht gehört.
Im Medienkrieg gingen sie einfach unter.
Spaß und Satire sind vielfach bunter.
Osteuropäer erziehen autoritär
– dachte ich –
dabei ist ihre Lage prekär.
Die Opfer leben in ständiger Not,
kämpfen um alles gegen den Tod.
So lange konnte ich das gar nicht sehen
und es fällt immer noch schwer zu verstehen.
Wohin sollen all die Flüchtigen gehen?
Und für wen wird die Siegesfahne einmal wehen?
März
Gesang der Vögel in der Nachmittagssonne
Kinderstimmen wehen herüber
eine dicke Hummel summt mir ins Ohr
eine Amsel putzt ihr Gefieder
die Nachbarskirsche steht in voller Blüte
eine Katze spaziert durch die Beete
Lauschend bade ich im Himmelblau
atme Frühling und lebe
Der lange Weg zurück
Eine kurze Geschichte, die aber zu lang für diese Seite ist und sich deshalb hinter einem Link verbirgt.
Login - Lockdown
Alles unten. Alles zu.
Du sitzt nur noch zu Hause, starrst auf einen Bildschirm und wartest.
Worauf eigentlich?
Darauf, dass du wieder in die Schule darfst, zur Uni, ins Büro?
Zum Shoppen, zum Friseur oder in den Beauty-Shop?
Ins Studio, ins Stadion, in die Halle, auf den Platz?
Alles unten. Alles zu.
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Blind
Zu selbstreflektiert, niemals ungeniert
Jeden Schritt sanft gesetzt und draußen dann zum Bus gehetzt
Immer spät dran, dann spricht mich niemand an
Und wenn alle gehen, einsam in der Ecke stehen
Jetzt wär doch Zeit zum Reden,
denn nun ist die Aufregung fort ...
Aber ihr wollt nur weg, zurück in euer Versteck
Nein, ich möchte nicht nach Haus, kam doch endlich mal raus
Suche Gesellschaft, habe so viele Fragen
Doch ihr strebt davon, ich weiß noch nicht mal eure Namen
Jetzt wär doch Zeit zum Reden,
denn nun ist die Aufregung fort ...
Wenn wir uns mal wieder treffen, weiß ich nicht mehr, wer ihr seid.
Keine Chance, euch anzusprechen, zum Kennenlernen keine Zeit.
Alles was ich jemals wünschte
Liebte und zu tun begehrte
Leise flüsternd überhörte
Ewig eisig kalt erlosch
Innerlich gefangen hier
Nichts bleibt übrig außer mir
Durch die Augen
Dein Auge schaut in Fieberträume
durchstreift verlassene helle Räume
von Licht durchflutet, erinnerungsschwer
verliebtvergessen, erstaunlich leer
Dein Haar weht leicht in einer Brise von See
am Ufer leckt Schaum, umspült rot blühenden Klee
kraftvoll gleitet der Condor über glitzernde Wogen
in denen zwei Orcas um die Wette toben
Schattenwölkchen streuen das Sonnenlicht
wo ein Pfad zu den Sternen die Farben bricht
durch ein Auge im Himmel auf die grüne Au
durch ein Auge im Himmel ins nächtliche Blau
Masken 1
Ich schau euch nicht mehr ins Gesicht,
denn eure Mienen seh ich nicht,
ob ihr lächelt oder staunt,
ängstlich, wütend, freundlich schaut,
nichts von dem kann ich mehr sehen.
Dann noch aus dem Wege gehen.
Erkennen fällt jetzt doppelt schwer,
ich sehe keine Menschen mehr,
nur starre Masken, seelenleer.
Masken 2
Masken für die Superhelden
Zorro, Batman, Ladybug,
nur die Augen sind verborgen,
mystisch, exotisch und charmant.
Seelenlose Halbmaschinen
tragen ein Komplettvisier,
Dark Lords, grobe Massenkrieger,
grausamer als Mensch und Tier.
Vollverschleiert, dunkle Augen
blicken unterwürfig scheu
oder locken wie im Märchen,
huschen still an mir vorbei.
Ein Maulkorb zwingt das Raubtier nieder,
mit Gewalt hält er es still,
nimmt ihm Freiheit, Kraft und Stimme,
fasst es, bis es nichts mehr will.
Jeden Tag seh' ich jetzt Masken,
kann kaum noch die Augen sehen,
verstehe schwer, erkenne keinen,
wenn sie an der Kasse stehen.
Wie passt das in unser Leben,
in dem doch jede Stimme zählt,
wir uns alle frei bewegen,
man offen denkt und zwanglos fühlt?
Wie passt das zu unseren Werten,
wo jeder alles hinterfragt,
wo Einsicht erst Verständnis fordert,
wir nicht nur tun, was man uns sagt?
maskenhaft
hellblau oder hellgrün
medizinisch steril
jedenfalls sieht es so aus
semiprofessionell
unters Kinn geschoben
am Rückspiegel baumelnd
nur semiprofessionell
weiß mit Blümchen
schwarz mit Totenschädel
rot mit dicken Punkten
Regenbogen gestreift
Glitzereinhorn
Jokerfratze
BVB und VfL
Urlaubsinsel
Lieblingsmarke
Fanwork oder Werbefläche
nicht professionell
aber individuell
Bremse
Zielstrebig gehst du deinen eigenen Weg
bergauf, bergab, breite Straße, schmaler Steg
läufst über Brücken, rennst durch den Wald
kämpfst dich durch Ruinen, jagst durch Felder, und bald
... erwischt hat sie dich mit ihrem brennenden Stich
dicker Flatschen, blutiger Latschen
humpelst zum Fluss, zorniger Fluch
Ausgebremst!
Klinge
Spitz naht sie sich
scharf rührt sie dich
trifft Ohr, Kopf, Beine,
Bauch, Herz, Hirn
und zaubert Falten auf die Stirn
zeichnet sie als dünne Linien
in die Haut um beide Augen
die sich im Genuss verschließen
Tropfen bilden Sehnsuchtstrauben
lassen Leid und Not vergessen
innig schmilzt ein harter Kern
klinge tief in meinem Herzen
klinge sanft, ich hab dich gern
Abbruch
Knisternd platzt ein Splitterchen ab
leise rieselt ein Sandkorn hinab
knackend bröckelt die Kante weg
unaufhaltsam zieht sie mit sich den Dreck
alles Lockere, Leichte rutscht über den Rand
reißt das Feste mit sich, so neigt sich die Wand
das gesamte Gebäude verliert den Halt
kippt und stürzt einfach um. Es war schon zu alt.
Zu früh
Frühling lässt sein blaues Band
wieder flattern. Durch die Lüfte
tanzen winzig-zarte Pollen,
schweben weiter als die Düfte,
die sich über's Land verbreiten,
dringen in die Wohnung ein.
Soll wer will es ruhig genießen,
niesend schließe ich mich ein.
Der Dichter, der Magier und der Clown
Der Dichter spricht: Ich seh das Licht
jedoch im Dunkeln seh ich's nicht
und stoß mich an und hab dann Wunden
und meinen Weg doch nicht gefunden.
Der Magier, gelehrt und weise
weiß Licht zu zaubern auf der Reise
er hört auch die geheimen Töne
und sagt: Der Weg ist doch das Schöne.
Der Clown bemalt sich sein Gesicht
und sagt: Was schön ist, weiß ich nicht
doch alles was mir nicht gefällt
gehört auch nicht in meine Welt.
Wer hat nun Recht? Wer macht es richtig?
Und ist das eigentlich so wichtig?
Mir ist's egal, ich bin das Kind
durch meine Welt trägt mich der Wind.
Sanft gleitet sie auf Schwingen fort
Trost spendet nur das Meer
Inseln versprechen einen Ort
Lange irrt sie umher
Leise irrt sie umher