Kunst des Schicksals - Schicksal der Kunst


Freitag, 13. März 2020

Das morgige Konzert wurde abgesagt. Das stand zu befürchten. Schon an den beiden Wochenenden davor fühlte es sich komisch an, mit Hunderten Gästen vor der Bühne zu stehen, Menschen zu berühren, offene Getränkeflaschen irgendwo abzustellen oder abzugeben, fremde Gegenstände anzufassen. Nun also Schluss, Feierabend, Pause auf unbestimmte Zeit. Einerseits war ich erleichtert, dass nun nach langer allmählich wachsender Bedrohung eine Entscheidung getroffen war. Andererseits hätte ich mir doch dieses eine Konzert noch so sehr gewünscht! Das letzte in einer Reihe verschiedenster Auftritte von Klezmer über Hip-Hop und Metal zu Gothic im Kammerkonzert.
Doch das war nur der Beginn einer stetig wachsenden Serie von Absagen: Geburtstagsfeiern, Schulunterricht, Proben, Sport, Musikunterricht, Ostern, Besuche, Spieleabende – einfach alles.

Zum Glück gibt es das Internet und diverse Social Media und es war sogar spannend, neue Wege und neue Menschen kennenzulernen in der digitalen Welt. Nach dem anfänglichen Schock aus dem positiven Stress in die plötzliche Bewegungslosigkeit lenkten wir unsere Energien einfach um, renovierten, erforschten, kreierten, sortierten und beobachteten dabei ständig die Entwicklung der Infektionsrate und den Stand der Forschung. Wie hält man den Kontakt zu Freunden und Kundschaft? Wann und wie sind Veranstaltungen live wieder möglich? Und warum sind so viele Menschen gerade so komplett überfordert und irrational?


Ich will wissen

Mein erster Impuls im Lockdown war: Ich will wissen, was das ist, dieses Virus, wie es funktioniert, was dagegen hilft, wie aufwendig das ist und wie lange es dauert. Stück für Stück kehrte dann die Normalität zurück. Mit einer Einschränkung: Masken! Die fand ich grässlich! Und ich mag sie auch immer noch nicht. Augen allein sind kein Gesicht. So viel Information geht verloren unter dem Stoff, selbst die Nuancen der Stimme werden herausgefiltert. Hoffentlich hat das bald ein Ende!

Der Sommer war schön. Es störte mich nur, dass die Einhaltung der Regeln nicht kontrolliert wurde. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Herbstlockdown kommen würde. Und als er kam, blieb das meiste erlaubt! Wie verantwortungslos agierten unsere Verantwortlichen da?! Es war schwer, diesen Optimismus zu teilen, aber die Hoffnung auf einen besseren Neustart im neuen Jahr blieb.
Und zerschellte.
Die Dummheit der Menschen, die Verantwortung tragen, macht oft sprachlos. Nicht, wer Kompetenz zeigt und einen Job machen will, bekommt den Posten, sondern wer naiv große Sprüche klopft und bewundert werden will. Weil die Bewunderer genauso naiv sind. Weil Schuldige immer dort gesucht werden, wo jemand schweigt, niemals dort, wo man nur Scheiße labert.

Irgendwann war auch der Winter vorbei und mit weit weniger Restenergie als im Sommer zuvor erwachte so etwas wie gesellschaftliches Leben. Die meisten sind endlich geimpft. Tests machen es leichter, Infektionsherde zu schließen. Doch wir sind immer noch nicht wieder frei. Nicht alle sind geschützt. Überall auf der Welt entstehen weitere Mutationen. Die Gefahr wird erst gebannt, wenn kaum einer mehr ernsthaft erkrankt. Haben wir das bis zum Herbst geschafft?


Freitag, 13. August 2021

In diesem Sommer konnte schon wieder mehr stattfinden als im letzten Jahr. Wir haben die komplette Spielzeit auf unserer Freilichtbühne von sonst 15 auf nur 6 vollgepackte Wochen komprimiert, mit sogar 4 anstelle von 2 Stücken. Man ist ja flexibel, choreographiert alles um und studiert für den Fall, dass man ein Stück nicht spielen darf, einfach noch ein oder zwei weitere ein, die auch strikteren Kontaktbeschränkungen genügen. Am 13. August war die erste Premiere. Werden alle Aufführungen stattfinden können? Und die Mitgliederversammlung mit Vorstandswahlen? Und das Winterstück? Im Dezember sollten die Proben für die kommende Saison beginnen.
Ich bin nur eines von Hunderten Mitgliedern eines großen Freilichtbühnenvereins. Wir haben es alle sehr bedauert, nicht spielen und vor allem auch nicht proben, nähen, schminken, musizieren, bauen, malen und uns einfach mal treffen zu dürfen. Es ist unser Hobby, unsere Freizeit, unsere Zeit der Regeneration. Es gibt auch Menschen, die so etwas beruflich machen! Denen bricht seit März 2020 alles weg.
Das Konzert vom 14. März 2020 wurde nie nachgeholt. Es wurden andere Möglichkeiten gefunden, die Fans zu erreichen und zu halten. Einige Auftritte unter einschränkenden Bedingungen fanden doch noch statt. Aber wie lange halten Menschen, Unternehmen, ganze Branchen, solch einen Schwebezustand aus?